22. Aug. 2012

… indessen wiegte der See mich,

und der Ruderer saß ruhig und lobte die Fahrt.
Weit in des Sees Ebene wars ein freudiges Wallen
Unter der Segeln und jetzt blühet und hellet die Stadt
Dort in der Frühe sich auf, wohl her von schattigen Alpen
Kommt geleitet und ruht nun in dem Hafen das Schiff.
Warm ist das Ufer hier und freundlich offene Tale,
Schön von Pfaden erhellt grünen und schimmern mich an.
Gärten stehen gesellt und die glänzende Knospe beginnt schon,
Und des Vogels Gesang ladet den Wanderer ein.
Alles scheinet vertraut, der vorübereilende Gruß auch
Scheint von Freunden, es scheint jegliche Miene verwandt.

Freilich wohl! das Geburtsland ists, der Boden der Heimat,
Was du suchest, es ist nahe, begegnet dir schon.
Und umsonst nicht steht, wie ein Sohn, am wellenumrauschten
Tor’ und siehet und sucht liebende Namen für dich,
Mit Gesang ein wandernder Mann, glückseliges Lindau!
Eine der gastlichen Pforten des Landes ist dies,
Reizend hinauszugehn in die vielversprechende Ferne,
Dort, wo die Wunder sind, dort, wo das göttliche Wild
Hoch in die Ebnen herab der Rhein die verwegene Bahn bricht,
Und aus Felsen hervor ziehet das jauchzende Tal,
Dort hinein, durchs helle Gebirg, nach Komo zu wandern,
Oder hinab, wie der Tag wandelt, den offenen See;
Aber reizender mir bist du, geweihete Pforte!
Heimzugehn, wo bekannt blühende Wege mir sind,
Dort zu besuchen das Land und die schönen Tale des Neckars,
Und die Wälder, das Grün heiliger Bäume, wo gern
Sich die Eiche gesellt mit stillen Birken und Buchen,
Und in Bergen ein Ort freundlich gefangen mich nimmt.

(…)

(Friedrich Hölderlin: “Heimkunft an die Verwandten”, 1801)

1 Kommentar bisher

Ein Kommentar zu “… indessen wiegte der See mich,”

  1. Nicole sagt:

    So fuhren wir nun guten Muths über Kirchheim durchs Lenninger Thal, und die Gutenberger Steige hinauf über Feldstetten und Blaubeuren wo übernachtet wurde. Wir sahen den Blautopf und den berühmten Hochaltar. (…) Eine halbe Stunde vor Lindau auf der Höhe erscheint zum erstenmal der Bodensee in westlicher u. östlicher Ausdehnung; links Vorarlberg u. weiterhin der Sentis, schneebedeckt, mit den Apenzeller Gebirgen. Die Lage von Lindau, auf einer Insel, ist zum Entzücken. Wir standen am Hafen, als eben das Dampfschiff Ludwig einlief, das wir sogleich bestiegen (…) Einige Segelschiffe durchkreuzten fern und nah die unabsehbare Fläche. (…) Man hatte auf der einen Seite seine ganze Länge, mit zweifelhaftem Horizont, vor Augen, und auf der andern, ganz zunächst, prächtig bewachsne Berge mit lachenden Lusthäuschen und grandiose Felsen.

    Eduard Mörike, 1840

     

     

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