09. Jul. 2011

Martin Winter sagte 30. Juni 2011 um 10:35 Wir sprechen uns später

Ai Weiwei

Ich habe die schwächste Natur der ganzen Menschheit und überlasse mich ihrem Lauf,
In jedem Fall

In der Stadt
Drei Monate hab ich kein Kind gesehen,
Das Gummibälle verkauft, wie früher
Ganz ohne Lieder
Mit dem singenden linken Auge
Auf das rechte zielen.

Dann kommen die Leiden der Umzugs-Saison,
Überall neue Stellen begraben.
Ein großer Baum von der anderen Seite der Erde
Kommt hier als grünes Pflänzchen heraus.

Wer andere rettet, will sich selbst nicht retten.
Gott ist genauso gut wie früher.
Aber was ist mit meinen Knöpfen los?
Unaussprechliche Wünsche.

Du hörst
Ein Gerücht aus dem ehrlichsten Munde, aus klarer Quelle.
Doch die Nacht wurde von Träumen trocken gewrungen
Und übers Bett gehängt, vor dem Morgen.
Ich glaube, es gibt eine Generation, die wird am jüngsten bleiben,
die werden nicht versuchen, die Hände wegzunehmen
die ihnen die Hälse zudrücken.

Oh,
Leben, das sich aus Eitelkeit eine Bedeutung ausdenkt.
An beiden Enden der Telefonleitung
Dieselbe Verabredung dreihundert Mal vereinbart.

Deshalb
Geh nirgends hin
Sondern zerstreu die zuviel gesagten Worte.
Bei dieser Gelegenheit spazieren wir unsere Gehirnwindungen entlang.

Eine Katze schreckt die Menschen,
Doch sie wurde oft schon von Menschen geschreckt.
Und so verschwand sie mit einem Mal auf der unmöglichen Straße.

Lächelnden Gesichts, älter als früher.
Jeder Satz beschäftigt mit dem vorhergehenden.
Besser, als in dieser langen Schlange zu stehen
Wär’s, mir die Leere zurück zu geben.

Jetzt beginnen die Ferien.
Jemand sagt, dieses Jahr hat sich in den Geschäften zuviel Spielzeug angesammelt.
Deswegen propagiert nun die Welt das Vergnügen des Kinderkriegens.

Doch das ist ein gesetzloses Nichts.
So hat man mir gesagt
Wenn du es bist
Sprechen wir uns später wieder

(Dieses Gedicht von Ai Weiwei erschien 1987 in New York in der ersten Nummer der chinesischsprachigen Zeitschrift Eine Zeile/ Eine Reisegruppe [Yi xing/ yi hang])
Übersetzt von Martin Winter und Angelika Burgsteiner im Juni 2011

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